Geschichte

Die Pfarrei St. Agatha Neudorf

Die erste Kirche wird erstmals in einer Urkunde vom 9. Februar 1036 erwähnt. Wahrscheinlich war es ein kleines hölzernes Kirchlein, das im Auftrag der Grafen von Lenzburg errichtet und dem Stift Münster unterstellt wurde.

Am 8. März 1352 zündeten nach dem alten Zürichkrieg herumstreunende Kriegshorden aus Luzern, Zürich und Schwyz, das Stift, den Flecken und das hölzerne Kirchlein von Neudorf an. Schon bald darauf bauten die Neudorfer auf dem Brandplatz eine neue Kirche aus Stein, deren Turm - etwas verändert - heute noch steht. Diese Kirche war auch nicht gross, aber sie bot genügend Platz für die 50 Familien der damaligen Pfarrei.

Eine grössere Kirche muss her
1660 war die Bevölkerung so gewachsen, dass man eine grössere Kirche planen musste. Am 14. Januar 1676 erschienen Pfarrer Rigert und Weibel Martin Burkhard vor dem Kapitel, um vom Stift die Zustimmung für den Kirchenbau zu erhalten. Der Pfarrer versprach grosse Opfer zu bringen und das Kirchenvermögen nicht anzutasten. Schon einen Monat später konnte der ganze Bau an die verschiedenen Werkmeister vergeben werden.
Am 10. Mai 1684 konnte die Kirche durch Weihbischof Sigismund von Konstanz eingeweiht werden. Der ganze Kirchenbau und die Ausstattung konnte damals durch Spenden bezahlt werden. Nach der Abrechnung blieb noch Geld übrig um Kirchenparamenten zu kaufen.

Zwischen 1677 und 1971/72 erlebte die Kirche zwei grosse und einige kleinere Renovationen. 1996/97 wird der Kirchturm renoviert und bekommt seine ochsenblutrote Haube. Die Kirche von Neudorf besitzt eine reiche und künstlerisch wertvolle Ausstattung. Das Chorgestühl zählt zu den schönsten Gestühlen, die sich in schweizerischen Landkirchen befinden.

Hl. Agatha - Kirchenpatronin von Neudorf
Der 5. Februar ist ihr Gedenktag. Die hl. Agatha wurde aber nicht nur in Feuergefahr um ihre Hilfe angefleht, sondern auch bei Krankheiten, besonders bei Brustkrankheiten. Neudorf war früher ein bekannter Wallfahrtsort. Elf umliegende Gemeinden sind einmal im Jahr zur Hl. Agatha nach Neudorf gepilgert. Als man 1850 erstmals bei der französischen Versicherungs-Gesellschaft «Phönix» Haus und Hof gegen Feuerbrunst versichern konnte, waren die Bittgänge nach Neudorf nicht mehr so aktuell.

Der Glockenguss von Neudorf
1637 wurden in Neudorf 15 Glocken gegossen. Vom Frühsommer bis Spätherbst wurden am Kirchenrain von den Gebrüdern le Rossier 15 Glocken gegossen. Drei waren für Neudorf bestimmt, zwei für Rickenbach, zwei für die Stephans-Kirche und zwei für die Stiftskirche in Münster, vier gingen nach Pfeffikon und zwei sehr grosse nach Mellingen. Die älteste Glocke, die heute noch im Glockenturm ihren Dienst tut, stammt aus dem 11. Jahrhundert.

Die Linde bei der Kirche

1434 wurde unter der Linde bei der Kirche Gericht gehalten, wie aus einer Urkunde hervorgeht. Linden können sechs- bis siebenhundert, gelegentlich sogar tausend Jahre alt werden. Wahrscheinlich wurde Anfang des 17. Jahrhunderts diese «Gerichtslinde» durch eine junge Linde ersetzt, die dann während fast 400 Jahren vor unserer Kirche auf dem Friedhof stand. Was mag sie wohl alles erlebt haben?
Da gab es Bittgänger, die mit Kreuz und Fahnen zur hl. Agatha pilgerten – farbenfrohe Prozessionen, begleitet von der Dorfmusik – hübsche Brautpaare, die sich ewige Liebe versprachen – kleine Täuflinge mit ihren Taufpaten – Erstkommunion- und Firmkinder – Primizianten in Begleitung von Pfarrer und Bischof – und es gab viele Beerdigungen.
Unter ihren ausladenden Ästen knistere das Osterfeuer, spielte die Dorfmusik, wurden Tische aufgestellt und Aperos serviert.

Die Linde musste gefällt werden
Seit längerer Zeit kränkelte die Linde und stellte ein grosses Unfallrisiko dar. Der Gemeinderat beschloss schweren Herzens, die mächtige Friedhoflinde, die sogar den Kirchturm überragte, zu fällen. Am Freitagvormittag vom 4. November 2005 wurde die mächtige Linde mit Hilfe von eines Pneukranwagens gefällt.

Am 31. März 2006 wurde eine neue Linde auf dem Friedhof gepflanzt, wo sie bestens gedeiht. Diese Linde ist gleichzeitig Jahrgangbaum der im Jahre 2005 geborenen Kinder in Neudorf. Am Sonntag, 2. April 2006, wurde die Linde nach dem Sonntagsgottesdienst von Pfarrer Othmar Scherrer eingesegnet.

Wallfahrtskapelle Maria Mitleiden Gormund

An der Strasse Luzern – Beromünster steht auf einem von weither sichtbaren Moränenhügel die Wallfahrtskapelle mit der Kaplanei. Vor über 500 Jahren, so erzählt die Legende, hörte ein Bauer abends oft lieblichen Gesang, und die Bauern der Umgebung sahen über dem Hügel ein helles Licht. Diese wundersamen Zeichen veranlassten die Bewohner der Gegend dazu, einen Bildstock – ein „Helgenhüsli“ – zu Ehren der Muttergottes aufzustellen. Die älteste gesicherte Nachricht zur Kapelle ist der Weihebrief von 1509, ausgestellt durch den Weihbischof von Konstanz. Die Kapelle wurde zu Ehren von Maria Mitleiden und Maria als Jungfrau geweiht.

Die im Jahre 1509 errichtete Kapelle wurde im Lauf der Jahre baufällig und ist für die grosse Anzahl der Pilger zu klein geworden. So wurde 1621 die gotische Kapelle teilweise abgebrochen und vier Jahre später fand die Einweihung des erneuerten und vergrösserten Baus statt. 1630 entstand neben der Kapelle das Kaplanenhaus.

In den Jahren 1742-1744 bekam die Kapelle eine neue barocke Ausstattung. 1865-1874, 1942, 1948 fanden Kapellenrenovationen statt. 1985 wurde die letzte Renovation nach denkmalpflegerischen Richtlinien durchgeführt.

Die reiche künstlerische Ausstattung der Kapelle ist den Schenkungen der Chorherren des Stifts Beromünster und den Mitgliedern der Bruderschaften „Maria Mitleiden“ und „St. Wendelin“ zu verdanken.

Frommer Kram von der «Ständligurre»
In der Vorhalle der Kapelle befand sich früher ein kleiner Laden, in dem eine «Ständligurre» frommen Kram feilbot. Weil es oft vorkam, dass «fromme Pilger» während des Gottesdienstes mit der Verkäuferin um die Preise feilschten und so das heilige Geschehen störten, liess das Stift die «Krambude» ans Weglein hinunterstellen. Wie lange sie dort gestanden hat, ist nicht bekannt.
Später konnte man im kleinen «Lädeli» im Sigristenhaus Kerzen kaufen, die man vor dem Gnadenbild brennen liess. Heute kann man die Opferkerzen wieder in der Vorhalle kaufen und auch dort in einem speziellen Kasten brennen lassen, damit die Kapelle nicht zu schnell «verräuchert» wird.